Dauerbrenner Wirtshaussingen

Dauerbrenner Wirtshaussingen

Wirtshaussingen erleben momentan einen regelrechten Boom. Sich singend mit lokalen oder regionalen (Sing-)Traditionen zu befassen, entspricht offenbar dem Lebensgefühl heutiger Menschen. Die Wirtshaussingereien früherer Zeiten liefen aber etwas anders ab. Da begann das Singen im Wirtshaus spontan, meist zu vorgerückter Stunde, wenn Stimmung und Alkoholpegel am richtigen Punkt waren und "sängerische" Leute beieinander waren. Die da sangen, waren fast ausschließlich Männer und was nacheinander gesungen wurde ergab sich assoziativ, konnte unvermittelt vom ernsten und traurigen Thema zum lustigen, deftig erotischen springen. Man kam also nicht primär um des Singens willen zusammen, sondern das Singen diente der Steigerung des geselligen Beisammenseins. Dieser Aspekt ist wohl auch heute noch ausschlaggebend, wo solche Singgelegenheiten in regelmäßigen Abständen und angekündigt stattfinden. Wichtig ist offenbar der Rahmen: Die Wirtsstube, die für Nähe und Gemeinschaft steht. Eine Veranstaltung im rechtlichen Sinn ist dieses Singen "zum eigenen Werkgenuss" nicht, wie auch die GEMA zugestehen musste. Damit entfallen entsprechende Auflagen bzw. Gebühren‚ die Liedauswahl ist frei und muss nicht auf gemeinfreies oder
älteres Liedgut beschränkt werden.

In Franken haben die "Offenen Singen", die sich seit 30 Jahren wachsender Beliebtheit erfreuen, in Erwin Zachmeier (1928-1991) ihren wichtigster Anreger. Als er 1978 zum Volksmusikberater für ganz Franken bestellt wurde, erweiterte er das aus der Jugendbewegung stammende Konzept "Offenes Singen" um "wirkliche" Wirtshausgesänge aus den damals gerade absterbenden Wirtshaussänger-Traditionen. Das Repertoire weicht daher stark von dem Liedgut ab, das Volksmusikpflege und Medien bevorzugen, hat aber im Gegenzug dazu geführt, dass auch in der Pflege neue Lieder Einzug nahmen und sich Geschmacksgrenzen verschoben haben.

Armin Griebel

aktuelle Zeitungsberichte zum Thema:

Mainpost vom 16.03.2012

Fränkischer Tag vom 21.01.2012 (Text stark gekürzt, mit Video!)

Mainpost regional vom 14.02.2012 (mit Video!)


Kommentare (7)

  1. günter euskirchen:
    16 Mär 2012 um 15:03

    wirtshaussingen
    Danke für den Einsatz für dieses soziale Kulturgut,das durch das offensichtlich kontraproduktive Verhalten der Gema sehr bedroht und gefährdet war. -Lasset uns singen!

  2. Heinz Brunner:
    21 Mär 2012 um 11:03

    Wirtshausliederbüchlein
    Grüß Gott , falls es das Büchlein gibt(siehe Unterfranken), bitte ich um ein Exemplar mit Überw.Schein an meine Adresse .
    N.B. Habe eine Zither zu verschenken ; eine gebr. Ziehharmonika zu kl. Preis abzugeben .
    MfG : H.Brunner

  3. Robert Adler:
    15 Aug 2012 um 14:08

    Wirtshaussingen
    Um am 15.Sept. ein Wirtshaussingen unseren Busausflüglern zu ermöglichen, suchen wir nach einem Veranstaltungsort/Sängern, die mit uns für ca. 3 Std. einen fröhlich-lustigen Sängerkreis bilden können und zur Unterhaltung der ca. 50 Teilnehmer beitragen.

    Können Sie uns weiterhelfen?

    Wir sind in/um Wolframs-Eschenbach unterwegs und haben bisher nur Absagen von Wirtshaussängern erhalten.

    Würde mich freuen, wenn Sie uns einen Tipp geben könnten.

    Bedanke mich im voraus.

    Mit freundlichen Grüßen
    Robert Adler

  4. Josef Heumann:
    18 Nov 2012 um 19:11

    Art. Wirtshaussingen
    Guten Tag Herr Dr. A. Griebel,
    bin wieder einmal auf Eurer Seite gelandet, da unsere Truppe laufend bei den verschiedenen Wirtshaussingen vertreten ist. Habe diesen Art. deshalb mit Zufreidenheit gelesen. Auslöser war die Suche nach Noten u. Urfassung des Kreuzberg-Liedes (Komm mit mein Schatz, nimm an meiner Seite Platz, mit der Bimmel-Bummel-Bahn,...).

    Leider bin ich ein 1/4 Jahr zu spät,wir hätten den Robert Adler sicher helfen können.

  5. schmidt angela:
    23 Mär 2013 um 14:03

    Wirtshaussingen
    Liebes Team,

    mein fränkisches Herz geht auf, wenn ich das lese. Wo kann ich denn Texte dazu bekommen. Ich lebe an der Schweizer Grenze und möchte gerne einen Oberfrankenstammtisch gründen.

    Danke für Ihre Hilfe

    Herzliche Grüsse nach Oberfranken
    Angela Schmidt

  6. Karl Kaiser:
    30 Okt 2019 um 08:10

    Der Dauerbrenner.
    Ist Wirtshaussingen (öffentliches Singen) mit Volksliedern GEMA P
    pflichtig oder doch nicht?
    Wenn ja, mit welchem GEMA Formular erfolgt die Anmeldung? Von GEMA erhielt ich auf einer email Anfrage keine Antwort!
    Danke
    Karl Kaiser

  7. Forschungsstelle:
    12 Nov 2019 um 14:11

    Sehr geehrter Herr Kaiser,

    Wirtshaussingen bzw. Offene Singen gelten als öffentliche Veranstaltungen. Grundsätzlich sind alle Lieder bei Wirtshaussingen bzw. Offenen Singen GEMA-frei, solange alle – und das ist entscheidend – gemeinsam „zum eigenen Werkgenuss“ singen. Ist das Wirtshaussingen so geplant, ist keine Meldung an die GEMA nötig. „Ärger“ mit der GEMA kann man vermeiden, wenn man bei der Werbung für das Wirtshaussingen den Begriff „Veranstaltung“ nicht verwendet.
    Wenn aber einer oder eine Gruppe ein Lied vorträgt, kann die GEMA ins Spiel kommen, nämlich dann, wenn das Lied durch die GEMA vertreten wird. In diesem Fall ist eine Meldung der vorgetragenen Lieder an die GEMA unumgänglich.

    FAQ zur Musiknutzung auf der GEMA-Homepage: https://www.gema.de/faq/musiknutzung/
    Formulare der GEMA, nach Veranstaltungsart geordnet: https://www.gema.de/musiknutzer/tarife-formulare/
    Artikel von Dr. Erich Sepp mit Fallbeispielen: Infos aus dem Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern 1/2010, S. 46: http://www.volksmusik-archiv.de/vma/files/infohefte/infohefte_2010/infoheft_1_2010.pdf


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