Ehre, wem Ehre gebührt

Ehre, wem Ehre gebührt

Dieser Blog ist eine Reaktion auf einen Kommentar von Karl Edelmann zum Blog Sendestart BR-Heimat.

 

Lieber Herr Edelmann,

die Sache ist etwas komplizierter als Sie es in Ihrer ersten Mail vom 24.06. und nun in Ihrem Kommentar zum Blog darstellen.

Mein von Ihnen zitierter Satz steht, was Ihnen sicher nicht entgangen ist, im Konjunktiv, d.h. befremdlich wäre es, wenn ein GEMA-Mitglied so vorginge, wie ich es als alte Musikantenpraxis kenne, nämlich sich ein Stück für den volksmusikalischen Gebrauch anzueignen, zu „stehlen“.

Ausgangspunkt für meine Recherche und die Äußerung im Blog war zunächst die BR-Moderation, die mich enttäuschte, weil sie keinen Hinweis auf den volksmusikalisch interessanten Aspekt der Adaption gab. Aus der von BR-Heimat über das Internet zugänglichen Liste der gesendeten Stücke und somit von der Dokumentation des BR-Archivs erhoffte ich mir die fehlenden Informationen zum Stück. Aber dort heißt das Stück schlicht Maschanzker Walzer.

Ich weiß nicht, welche Informationen dem BR für die Dokumentation vorlagen. Wenn der BR das Stück von Ihrer CD „altbairisch“ übernommen und nach den Angaben auf der Außenseite der Hülle Ihrer CD archiviert hätte, die jeder im Internet recherchieren und einsehen kann, dann wäre das verständlich, denn auch dort ist kein Hinweis auf Schostakowitsch zu finden. Verzeichnet ist dort nur der Name Maschanzker Walzer.

Bedenklich wäre es, sollte der BR vorhandene Angaben zum Mitkomponisten Schostakowitsch in seiner Dokumentation unterschlagen haben. In der Folge wäre nur ein schlagfertiger Moderator, der auf die Schnelle Komponist und Werktitel parat hat, in der Lage, dem beteiligten Schostakowitsch die Ehre zu geben.

Möglicherweise will man den Hörern aber solche Zusammenhänge gar nicht vermitteln, da sie dem Bild von Volksmusik als einem ethnisch und stilistisch „reinen“ Musik-Genre widersprechen. Demgegenüber weiß die volkskundliche Forschung, dass Volksmusik selten etwas „reines“ und unvermischtes ist. Der Schöpfungsakt im Volksmusikbereich ist oft nur die geniale Übernahme und Verarbeitung von bereits bestehendem, auch fremden Gut.

Dass der sogenannte Jazzwalzer aus der 2. Jazz-Suite von Schostakowitsch sich so wunderbar zur „bairischen“ („fränkischen“ oder sonstwelchen) Musik anverwandeln lässt, finden wir in der Volksmusikforschung ein spannendes Thema. Auch wenn spezielle BR-Hörer davon nichts wissen wollen und über BR-Heimat – in den einschlägigen Volksmusiksendungen jedenfalls – auch nie nichts darüber erfahren.

Dazu ein Beispiel. Es liegt schon länger zurück, dass der Jazz-Walzer von Schostakowitsch „original“ in einer morgendlichen Volksmusiksendung zu hören war, wunderbar gespielt auf einer Diatonischen: In der Abmoderation hieß es: „Das war der Hans Schröpfer an seiner Steirischen, Walzer Nr. 2“. Da hab ich mich als Hörer doch etwas verarscht gefühlt, und Otto Normalo, der den „Jazzwalzer“ nicht kennt, weil er vielleicht nur boarische Musi hört, dem wurde das als alpenländische Volksmusik verkauft, als Walzer Nr. 2 von Herrn Schröpfer.

Zurück zu Ihrem schönen Walzer: Wenn ich in der GEMA-Dokumentation unter Maschanzker nachschaue, bekomme ich die unten folgende Auskunft, die Karl Edelmann als Komponisten, aber keinen Schostakowitsch aufführt. Interessant ist die Stück-Dauer, die hätte mich stutzig machen sollen! Sie bezieht sich allein auf Ihre Walzer-Komposition ohne das Schostakowitsch-Trio:

1.     Titel der Werkfassung     MASCHANZKER WALZER
Dauer: 00:01:10     ISWC: T-803.345.693-9     GEMA-Werk.-Nr: 14300182-001
Beteiligter                                                                     CAE/IPI                 Rolle
EDELMANN, KARL JOSEF                                        00224389760     Komponist
BOGNER RECORDS INH. RENE PRASKY E.K.       00767692091     Originalverlag
EDELMANN KARL MUSIKVERLAG                         00247607751     Originalverlag

Ich kenne mich mit den Gebräuchen der GEMA und ihrer Mitglieder weniger gut aus als mit dem erwähnten, urheberrechtlich bedenklichen, Volksmusikanten-Brauch, ohne den es z.B. keinen der vielen zündenden Automobil-Schottische etc. mit Thurbans „Schorschl, komm fahr mit mir ...“ als Trio gäbe.

Es ist nicht ganz fair, wenn Sie mir unsachgemäße Recherche unterstellen. Wo hätte ich denn recherchieren sollen, um zu erfahren, dass Sie „legitim“ den Schostakowitsch-Walzer im „Maschanzker-Walzer“ verarbeitet haben?

Dass Sie ordnungsgemäß Lizenzgebühren bezahlt haben, hätte ich mir denken können. Dass die Nennung des verarbeiteten Originals, das Ihren Walzer erst zu dem - pardon - tollen Ganzen macht, nicht nötig oder üblich ist, wusste ich nicht. Auch wenn es legitim ist, ich halte es für keinen guten Brauch. Auch weil so die längst überholten Mythen über die Entstehung von Volksmusik weiter bestärkt werden.

Mit volksmusikalischen Grüßen
Armin Griebel


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