"Komplimente!"

Tanzkarte des Velociped-Club Roth, um 1900 (Sign.: FFV_KT_4094)
Tanzkarte des Velociped-Club Roth, um 1900 (Sign.: FFV_KT_4094)

Am Rosenmontag ist es wieder so weit. In Weidenberg wird anlässlich des Rosenmontagballs des Burschenvereins Concordia (1862) die Française aufgeführt. In ungebrochener Tradition wird sie noch heute am Rosenmontag und an der Kirchweih getanzt. Damit ist die »Weidenberger Frasee« unseres Wissens die einzige, die in Franken, wenn nicht gar in ganz Deutschland in einem Brauchzusammenhang fortlebt.

Die oben abgebildete Tanzkarte stammt wohl von einem Faschingsball um 1900, den der Velociped-Club Roth veranstaltete. Die Tanz-Folge enthielt zwei Françaisen und bezeugt damit die Beliebtheit dieser Tanzform.

Ausgehend von der um 1840 in München und Wien einsetzenden Begeisterung für die Quadrille, vor allem für die Melodien von Johann Strauss Vater, entstand bis ca. 1860 die Française als festgelegte Tanzform. Sie zählt zur Gattung der Kontratänze und steht entwicklungsgeschichtlich mit der Anglaise und er Ecossaise in Zusammenhang. Wurde die Quadrille als Vierpaartanz im Karrée mit schwierigen Schrittkombinationen und unterschiedlichen Touren ausgeführt, erlaubte die Française - sehr zum Verdruss der Tanzmeister - durch Vereinfachung der Schritte und Normierung der Touren auch ungeübten Tänzerinnen und Tänzern die Mitwirkung. Zudem war die Aufstellung in je zwei einander gegenüberstehenden Reihen von gleicher Anzahl Paaren platzsparender als die Aufstellung im Karrée, und ermöglichte somit noch mehr Paaren das Mittanzen.

Verglichen mit den derzeit üblichen Rund- und Figurentänzen ist die Française ein relativ komplizierter Tanz. Deshalb gibt es bei Volkstanzveranstaltungen heute meist einen Ansager oder eine Ansagerin, die mit kurzen Kommandos die als nächstes auszuführende Figur bekanntgeben. Dies setzt allerdings voraus, dass die Française erlernt werden muss, damit Raumwege und Figuren zugeordnet werden können. Auch früher gab es zu diesem Zweck einen Ansager, der vermutlich meist auch der Vermittler war, „seine“ Française-Form lehrte und die Kenntnisse der Tanzenden immer wieder auffrischte.

Aus verschiedenen »Kommandobüchlein« und »Anleitungen« aus der Zeit um 1900 wird deutlich, dass die Française nicht überall gleich getanzt wurde, die Unterschiede aber meist nur in Details (z.B. hier eine Promenade, dort eine Englische Kette) bestanden. Auch für Franken liegen viele Noten und mehrere Belege für Française-Formen vor. Aus Hof hat sich beispielsweise ein Kommandozettel überliefert, der zu einer sechstourigen Française gehört. 1999 haben wir diese Tanzform rekonstruiert. Die inzwischen weit verbreitete Tanzform »Weidenberger Française« geht auf eine Video-Aufzeichnung von der Kirchweih 1991 beim Burschenverein Ehrenkranz zurück. Durch die traditionelle Weitergabe sind Veränderungen in der Tanzform seither bestimmt nicht ausgeblieben. Wir werden uns darüber informieren.

Heidi Christ


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