Tanzseminar 2011
Aus der Vielfalt des Tanzspektrums neue Facetten kennenzulernen und dadurch eine neue Sicht auf die eigene Tätigkeit zu gewinnen, ist der Sinn des Tanzseminars der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik. Vielleicht kann ein neugieriger Blick auf die Kultur der Nachbarn die eng auf das „Fränkische“ gerichtete ethnische Brille ersetzen.
Männer- und Frauentänze aus vielen Regionen Europas, die das vom Paartanz geprägte Bild des Volkstanzes unserer Region nicht kennt, stellte Marianne Bröcker vor. Das tanzende Nachvollziehen der Tanzformen, die aus Feldforschungen und Bröckers langer Tanzpraxis stammen, gepaart mit Informationen zum kulturellen und mentalitätsgeschichtlichen Hintergrund, vermittelte den Teilnehmern kompaktes Wissen auf hohem Niveau. Der Schwerttanz bot Armin Griebel Gelegenheit, ein Kapitel völkisch inspirierter Tanzforschung vorzustellen. In diesem Zusammenhang wurde auf das ebenfalls mit solchen Fragen konnotierte Projekt der österreichischen BAG Volkstanz „Kulturgeschichte des Volkstanzes in Österreich und Südtirol" hingewiesen, das vor dem Abschluss steht.
Das sängerische Potential der TänzerInnen hat Carola Christ-Werner geweckt und die Verbindung von Singen und Tanzen an einem getanzten mittelalterlichen Kanon eindrucksvoll erleben lassen.
Am Beispiel der „Mazurka Klandestina“ konnte Heidi Christ, eine der besten Kennerinnen der Mazurka und der Forschungen zu diesem Tanz, zeitgemäße jugendliche „Tanzpflege“ zeigen, wie sie in größeren Städten in ganz Europa anzutreffen ist. Ähnlich verhält es sich mit „Commando Trad“ und Flashmob. Überlegungen, warum Mazurkatänzer bei uns nur die schwere durch Sprung- und Stampfschritte geprägte Tanzform kennen, hat Heidi Christ interessante Mazurken anderer Länder gegenübergestellt, bis zu solchen, die eher an den Tango Argentino erinnern. Dass man diese Tanzformen durchaus auf unsere tradierten Mazurkamelodien tanzen kann, hat die Tanzmusikerin Steffi Zachmeier gezeigt, als sie im Laufe ihres Spiels von der „originalen“ Melodie zu fränkischen Melodien überwechselte.
Interessantes zur 200-jährigen Geschichte des Walzers und seiner heutigen Bedeutung im Tanzgeschehen trug Steffi Zachmeier bei, wofür sie sich auf ihren fundierten Beitrag für das Tanz&Folkfest Rudolstadt 2011 stützen konnte.
Sie bestritt auch das Thema „Tanzbäume“, das als Tanz um oder in der Linde in Franken Tradition hat bis heute. Eigenheiten der von der Volkstanzpflege weitgehend unbeachteten lokalen Brauchformen, die im Film vorgestellt wurden, konnten tanzend und somit sinnlich nachvollzogen werden.
Der Besuch im „Frankenstudio Sickershausen“ galt einer wenig bekannten Informationsstelle zu volkskundlichen Themen. Die Teilnahme am Tanzfest der Tanzgruppe Kitzingen [Anm.: Link veraltet] führte uns die tänzerischen Gegebenheiten eines „Fränkischen Tanzfestes“ [Anm.: Link veraltet] vor Augen, das im speziellen Fall den traditionellen Rundtänzen wenig Raum ließ. Dafür sahen sich viele Tänzer mit neu choreographierten Formen bekannter Figurentänze wie z.B. dem „Schlamperer“ konfrontiert, die dem Bedürfnis der Tanzgruppen nach Neuem geschuldet sein mögen. Nicht nur bei denen, die die Tänze in der durch Tradition bewährten „alten“ Form tanzen möchten, stiften sie Verwirrung, auch weil man mit Tanznamen ganz bestimmte Bewegungsformen und -abläufe verbindet. Beim nächsten Tanzseminar in zwei Jahren könnten solche Neuentwicklungen und ihre Auswirkungen zur Diskussion stehen.
Armin Griebel
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