"... numol a Leibstickl"

Es rauscht und knistert und knackt. Aber sobald die Einlaufrille hinter mir liegt und die Musik beginnt, stört das nicht mehr wirklich. Dann packt mich der "Groove" der zum Teil mehr als 100 Jahre alten Tanzmusik, und am liebsten würde ich gleich eine Doppel-CD produzieren, weil ich mich dann nicht ganz so radikal für oder gegen ein "Leibstückl" entscheiden müsste.

Zwischen Mai 2009 und Mai 2011 hat Bernd Dittl im Rahmen eines Projektes, das durch den Kulturfonds Mittelfranken gefördert wurde, mehr als 1900 Musiktitel von Schellackplatten aus unserem Archiv digitalisiert. Unsere Schellack-Sammlung enthält derzeit knapp 4250 Platten - Tendenz steigend. Der Focus  des Digitalisierungsprojektes lag deshalb auf den Einspielungen der fränkischen Gruppen. Für die Digitalisierung verwenden wir den legendären Studio-Plattenspieler EMT 930 st mit entsprechender Ausstattung für Schellacks.

1997 erschien unsere erste CD "Dou ko mer tanz'n sakradi!" Frühe Tondokumente fränkischer Bauernkapellen" in Zusammenarbeit mit dem Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern. Die frühen Industrieschallplatten als Dokumente einer fast untergegangenen Praxis des freien Tanzmusikspiels wurden damals von der Volksmusikpflege gerade neu entdeckt. Inzwischen haben viele Musikanten und Musikantinnen auf den Lehrgängen des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e.V. die dort zu hörenden volksmusikalischen Prinzipien kennengelernt. Etliche haben "Lust auf mehr" bekommen. Auch das gleichnamige Notenheft, herausgegeben von Franz Josef Schramm und Armin Griebel beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege diente vielen als Hilfestellung und Anregung zum freien Zusammenspiel.

Nun ist die CD nahezu vergriffen. Zeit also, neue "alte" Musik zugänglich zu machen! Aus Franken haben sich weit über 1000 Titel erhalten, eingespielt von den renommierten Militärkapellen, den modisch aktuellen "Bayrischen Oberlandlerkapellen", kleinen Stadtkapellen und sogenannten Bauernkapellen. Seit 1997 ist unsere Schellack-Sammlung von 400 Scheiben auf die zehnfache Menge angewachsen, so dass wir nun aus eigenen Quellen schöpfen können.

Armin Griebel und ich haben 28 Stücke ausgewählt, die von den bekannten Bauernkapellen Dorn, Brunner, Klein, Gömmel & Wolf, Hartner, Vogel und den "Alten" aus Alfeld, den Oberlandlerkapellen Aschenbrenner, Lang, Schmidt, Ehrengruber, Eichinger, Hahn und Winkler, den Stadtkapellen Gunzenhaußen und Weißenburg sowie den Militärkapellen des 14. Infanterie-Regiments "Hartmann" (Nürnberg), des 21. Infanterie-Regiments (Fürth) und des 2. Ulanen-Regiments "König" (Ansbach) stammen.

Diese CD entsteht in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik Bezirk Mittelfranken e.V. und dem Bayerischen Rundfunk, Studio Franken, Volksmusik-Redaktion. In einem ersten Schritt haben Toningenieur Thomas Götz und ich am vergangenen Freitag das so genannte Mastering begonnen. Hier eine kleine Kostprobe: Ein Ausschnitt aus dem  Ländler "Nur die Alten" von der Kapelle Vogel aus Schnarchenreuth bei Hof auf dem Label Clausophon, Bestell-Nummer 619, Matrize 85295, aufgenommen vor dem Ersten Weltkrieg.

Heidi Christ


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