Uffenheimer Schätze
Am Morgen des 1. Dezembers 2011 klingelte ein Herr an unserer Tür, der eine alte Harmonika bei sich hatte. Helmuth Holzmann brachte uns das Musikinstrument seiner verstorbenen Frau Irene und wusste interessante Details ihrer Biographie zu erzählen. Irene Behrendt wurde 1941 im ostpreußischen Königsberg (heute: Kaliningrad, Russland) geboren. Ihr Vater war im Krieg gefallen. Ihre Mutter war nach der Umsiedlung in zweiter Ehe mit dem Kaminkehrer Satzinger aus Spalt verheiratet, der 1950/51 in Uffenheim eine Anstellung bekam. Kaminkehrer Satzinger habe wohl die Harmonika besorgt, auf der Irene Behrendt als Teenager für einen Uffenheimer Trachtenverein spielte. Dieser Trachtenverein habe häufig auf dem Marktlatz geübt, bei schlechtem Wetter im Saal des Gasthauses Wehr. Näheres zu dem Verein könne uns sicher Karl Schmidt, der ehemalige Gastwirt der Uffenheimer „Traube“ berichten, Herr Holzmann selbst wollte bei Gelegenheit wieder kommen und uns Schellackplatten übergeben.
Keine Stunde später fand sich Karl Schmidt bei uns ein. Er hatte Herrn Holzmann auf der Straße getroffen und sich sofort auf den Weg ins Gollachgau- und Heimatmuseum gemacht. Dort holte er zwei Mitgliedsausweise seines Vaters Leonhard Schmidt, die er uns zum Scannen auslieh. Der ältere Ausweis des „Volks- u. Geb.-Tracht.-Erh.-Verein Almrausch Uffenheim“ für den Bürgermeister Leonhard Schmidt datiert von Mai 1952 bis August [?] 1954. Am 1. März 1955 wurde eine neue Mitgliedskarte für Leonhard Schmidt ausgestellt. Der Verein nannte sich nun „Heimat- und Volkstrachtenverein D` Gollachgauer, Mitglied der vereinigten Trachtenverbände Links der Donau“. Mit der Recherche über diesen uns bis dato nicht bekannten Trachtenverein wartet einmal mehr eine interessante Aufgabe auf uns.
Gleich am 2. Dezember überraschte uns Herr Holzmann mit einem Stapel von 30 Schellackplatten aus den Nachlässen seiner Großmutter und seines Paten, die er in seinem Geburtshaus in Ohrenbach geholt hatte. Leider, teilte er mit, habe seine Verwandtschaft eine Partie kaputter Platten samt des nicht mehr funktionsfähigen Grammophons erst vor kurzem entsorgt, weil sie bis vor wenigen Tagen nichts von unserer Forschungsstelle wussten. Es handelt sich um Schellacks aus der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg (Schlager, Tanz- und Marsch- und Filmmusik), dazu eine Platte des seinerzeit berühmten Ensembles „Georg Langs Orig. Oberlandler-Kapelle“ mit Sitz in Nürnberg aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Wir besitzen damit ein schönes Zeugnis für eine private Plattensammlung aus den 1950er Jahren.
Und als uns Herr Holzmann am 3. Dezember erneut besuchte, brachte er zwei Liederbücher aus dem Besitz seiner Schwester mit, das „Liederbuch für Volksschulen“ des bayerischen Volksschullehrer-Vereins in der Ausgabe für Mittel- und Oberklassen aus dem Nürnberger Verlag Friedrich Korn der späten 1920er Jahre und ein Liederbuch der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“, das im Dritten Reich sehr weit verbreitet war.
Solche Dokumente aus dem privaten und öffentlichen Musikleben bereichern unser Archiv, insbesondere wenn - wie hier - Details zu den Personen, zur Geschichte und zum Gebrauch mit ihnen verbunden sind.
Heidi Christ
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