Bei Landfrauen in der Wassertrüdinger Hesselberghalle
Wussten Sie, dass Winnetou als Christ starb, ein eigens von seinem Schöpfer Karl May gedichtetes (und später auch von diesem vertontes) Ave Maria in den Ohren? Oder wissen Sie, was den Untergang der Titanic mit dem Choral „Näher mein Gott zu dir“ verbindet? Zeigt Ihr Gesangbuch Spuren häufiger Benutzung, oder liegt es zum ausschließlichen Gebrauch im Sonntagsgottesdienst ansonsten ordentlich auf seinem Platz im Garderobenschrank?
Auf Einladung des Evangelischen Bildungszentrums Hesselberg (ebz) referierte Heidi Christ am 13. Februar 2014 auf dem Landfrauentag in Wassertrüdingen über „Geistliche Lieder als Lebensbegleiter und Lebensgestalter“. Am Vormittag waren rund 1000 Frauen dem mitreißenden Vortrag von Schwester Teresa Zukic zum „Abenteuer Christ sein“ gefolgt, sehr viele hatten sich auch den Nachmittag für den Vortrag von Heidi Christ freigehalten.
Formen musikalischen Handelns und Überlieferungsströme historischer Gebrauchsmusik stehen im zentralen Interesse der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik. Die musikalische Betätigung wollen wir dabei aus dem Zusammenhang ihrer sozialen Motive verstehen und nicht nach ästhetischen Kriterien beurteilen. Unser Ziel ist, möglichst alle Arten von popularen Musikalien aus der Überlieferung zu sammeln und zu archivieren, und nicht durch einen engen Volksmusikbegriff einer wissenschaftlichen Bewertung des Materials vorzugreifen. Geistliches Liedgut gehört für uns ebenso zum Kanon historischer Gebrauchsmusik wie überlieferte Tanzmusik und seit Jahrzehnten ausgeübte Volkstanzpraxis.
Basierend auf einer Untersuchung zu geistlichem Singen in Franken unter dem Aspekt regionaler Besonderheiten zeigte Heidi Christ anhand der vielfältigen Archivbestände der Forschungsstelle, welchen Stellenwert geistliche Lieder und insbesondere Gesangbücher früher hatten. Wer selbst über einen umfangreichen Liedbesitz verfügt und diesen eben auch aus Gottesdienstbesuchen erworben hat, ist für viele Situationen mit passendem Liedgut versorgt. Wer mit seinen Liedern lebt, teilt sie auch gern mit anderen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt. Singen wird zum Gesang, wenn der Sänger und sein Lied ein Gegenüber finden - so wie Sprache nur im Miteinander zum Gespräch wird. Singen wird zum Zwiegespräch mit Gott und den Mitmenschen, wenn der Sänger mit seinem Lied ganz bei sich ist, sich auf Text und Melodie einlässt.
Viele Hörbeispiele, aber auch von den Landfrauen in der Hesselberghalle gemeinsam gesungene Lieder belegten, dass geistliche Lieder in vielen Lebensbereichen Helfer, Begleiter und Gestalter sein können.
Heidi Christ
Blick in die Abteilung "Geistliches Lied" in der Bibliothek der Forschungsstelle
Gesangbuch von 1788 aus Hamburg mit Einträgen zur Familiengeschichte
Gesangbuch eines Würzburger Instrumentenbauers, gebürtig aus Schwabach, von 1831
Notenhandschrift aus Happurg, Jerusalem-Landler mit demselben Anfang wie das Kirchenlied "Jerusalem, du hochgebaute Stadt"
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