Sternsinger

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Sternsinger

„Wir kommen daher aus dem Morgenland, wir kommen geführt von Gottes Hand …“ (Herrieden, Landkreis Ansbach) oder auch: „Die heilgen drei König mit ihrigem Stern, die kommen gegangen, ihr Frauen und Herrn  …“ (Neunkirchen am Sand, Landkreis Nürnberger Land), so oder anders klang es vor den Türen. Die Sternsinger waren in den letzten Tagen unterwegs. Unter dem Motto „Segen bringen, Segen sein“ klingeln in königliche Gewänder gekleidete Kinder an vielen Türen, singen ihr Lied, sagen einen Spruch auf, schreiben die Segensformel an die Tür und sammeln Geld für notleidende Kinder. Organisiert wird das Ganze seit 1959 vom Kindermissionswerk „Die Sternsinger“. Die Aktion, die auch den Namen „Drei-Königs-Singen“ trägt, bezieht sich auf die Huldigung des neugeborenen Christuskindes durch die Sterndeuter, wie im Tagesevangelium zum 6. Januar bei Matthäus beschrieben. Seit 2015 steht der deutschlandweit ausgeübte Brauch im das Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Die Verkleidung geht dabei auf Weihnachtsspiele des Mittelalters zurück. Das Matthäus-Evangelium berichtet von Sterndeutern, eine umfangreiche Legendenbildung, die im 3. Jahrhundert beginnt, deutet diese jedoch zu Königen um, wobei die Zahl zunächst schwankt. Ab dem 6. Jahrhundert werden die drei Könige mit den Namen Caspar, Melchior und Balthasar benannt. Oft werden sie als Jüngling, erwachsener Mann und Greis dargestellt oder auch den drei (damals bekannten) Kontinenten Europa, Asien und Afrika zugeordnet. Im Kölner Dom werden Reliquien aufbewahrt, die – einer Legende nach – die Heilige Helena aus Palästina nach Mailand gebracht hat und die von dort – historisch belegbar – durch Friedrich Barbarossa 1164 nach Köln gekommen sind.

Zwei metallene Sammelbüchsen der Sternsinger stehen zum Aufwärmen auf einem Heizkörper

In der Mittagspause werden auch die Sammelbüchsen aufgewärmt

Die meisten Menschen freuen sich auf den Besuch der Sternsinger und vergelten ihnen den Dienst mit kleinen Gaben wie Süssigkeiten und Geldspenden. Was viele aber nicht wissen ist, dass Singen und, damit verbunden Heischen, seit dem Mittelalter zur Weihnachtszeit gehört. Arme Bauern- und Handwerksknechte, Tagelöhner und Schulkinder, auch als Könige verkleidet, brachten also keine Gaben, sondern erbettelten sich welche.

Immer wieder hat sich dieser Brauch – als vermeintliches Überbleibsel aus vorchristlicher Zeit – den Unwillen der Obrigkeit zugezogen und ist deshalb durch Verbote und Rügeschriften gut belegt, zum Beispiel hier aus Ansbach 1568: „Demnach sich jezo abermaln die zeit nahet, in welcher die eltern ire kinder und gesind die nechsten drei Donnerstag vor Weihennachten den ganzen nachmittag bis etliche stund in die nacht hinnein, und dan auch an den newen jars-, heyligen drei künnig und andern dergleichen nechten bei nacht uff der gassen betteln und singen umblaufen lassen, und man aber öffentlich sicht, was für unordenlich großes geschrey, buberey und unordnungen von solchen umlauffenden jungen gesind also öffentlich geübt und gedriben würdet, … solchem allen nun zuvorkommen, zu steuern und zu wehren, und damit sich niemand einicher unwissenheit zu entschuldigen, so lassen demnach wolgemelte herrn vogt, burgermeister und rate [der Stadt Ansbach] … hiermit ernstlich gebieten und verbieten, das hienfürter die eltern ire kinder und gesind an obbemelten dreyen Donnerstagen oder bettlischen klöpfleinsnechten, wie man sie nent, anheims behalten und dieselben mit nichten also schreiend uff der gassen umblaufen lassen sollen, für eins, zum andern soll sich auch menniglichen, jung und alt an den benannten neuen jahrs-, heyligen drey kunig und dergleichen nechten des nechtlichen singens und schreiens uff der gassen genzlich gar enthalten und meiden.“ (Akten der Stadt Ansbach PA 134, 168r/v nach Kramer, Karl-Sigismund: Volksleben im Fürstentum Ansbach und seinen Nachbargebieten (1500-1800). Eine Volkskunde auf Grund archivalischer Quellen. Würzburg 1961, S. 90-91)

Den Weihrauch, den die Sternsinger mitbringen, den kennt man aus der Kirche. Er ist Symbol für Reinigung, Verehrung und Gebet. Traditionell hat man in der Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönig auch Wohnungen und Ställe mit Weihrauch beräuchert. Sebastian Franck berichtet 1534: „Die zwolff naecht zwischen Weihenacht vnnd Heyligen drey Künig tag ist kein hauß das nit all tag weiroch rauch in yr herberg mache …“ (zitiert nach Dünninger, Josef und Schopf, Horst (Hgg.): Bräuche und Feste im fränkischen Jahreslauf. Texte vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Kulmbach 1971, S. 24)

Heutzutage kommen die Sternsinger tagsüber, mit lauteren Absichten, und können einen entsprechenden Ausweis vorzeigen. Rund 10 verschiedene Gruppen wurden gestern allein im Würzburger Frauenland gesichtet. Die Kinder und Jugendlichen machen sich bei Wind und Wetter auf ihren Weg, manche für ein paar Stunden, andere gar zwei oder drei Tage hindurch. Die einen lernen neue Sternsingerlieder, die auf der Seite des Kindermissionswerkes zu finden sind, die anderen verwenden die von Vätern und Großvätern überlieferten Lieder. Sie sind begeistert bei der Sache und stolz darauf, einerseits den Menschen in ihren Gemeinden den Segen bringen zu dürfen, andererseits für Gleichaltrige, denen es nicht so gut geht wie ihnen, ein Segen sein zu dürfen. Sie lernen auch, damit umzugehen, dass ihnen nicht alle Menschen die Türen öffnen möchten. Sie freuen sich über die Spenden in der Missions-Sammelbüchse und die Gaben für’s eigene Wohl.

Für 2019 ist die Sternsingeraktion weitgehend beendet, die Sternsinger haben ihre Segenswünsche überbracht: „Wir danken mit unseren Brüdern und bitten den Herrn immerdar: Gott schütze das Haus und die Herzen und schenk Euch ein seliges Jahr.“

Ein Sternsingergewand liegt auf einer Treppenstufe, darunter liegt eine Folie mit gesegneten Aufklebern.

Heidi Christ


Zum Weiterlesen:

http://www.brauchwiki.de/Sternsingen

Dünninger, Josef; Schopf, Horst (Hgg.): Bräuche und Feste im fränkischen Jahreslauf. Texte vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. Kulmbach: Freunde der Plassenburg 1971. (= Die Plassenburg 30).

Goldmann, Karlheinz: Weihnachten in Franken. Brauchtum von Martini bis Dreikönig. [Heroldsberg]: Glock und Lutz 1970. (= Die fränkische Schatulle [1]).

Kramer, Karl-Sigismund: Volksleben im Fürstentum Ansbach und seinen Nachbargemeinden (1500-1800). Würzburg: Ferdinand Schöningh 1961.

Kriegelstein, Alfred (Hg.): Jahreslauf. Brauchtum in Mittelfranken. München / Bad Windsheim: Delp 1986. (= Mittelfränkische Heimatkunde 4).


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