Zithern aus Ansbach
Neu bei uns: Die wunderschöne Harfenzither, auf der Georg Blättler, Kaminkehrermeister in Leutershausen, bis 1944 musiziert hat. Als Harfenzither bezeichnet man Zithern, die eine sog. Baronstange (eine Verstrebung zwischen Korpus und Mechanik) und einen Harfenhals mit Schneckenabschluss haben.
Im Schalloch der Zither ist deutlich der Aufkleber mit der Aufschrift „Musik-Instrumenten-Fabrik von Martin Kohn in Ansbach, Bayern“ zu erkennen. Noch wissen wir zu wenig über Martin Kohn, als dass wir Aussagen darüber treffen könnten, ob er das Instrument tatsächlich hergestellt oder – wie durchaus üblich – vorgefertigte Teile zusammengefügt hat. Johann Martin Kohn wurde am 27. Januar 1874 als Sohn des Gütlers Georg Michael Kohn und seiner Frau Katharina Barbara, geb. Lettenbauer in Leutershausen geboren; er war evangelisch getauft. Das Formblatt im sog. „Brenner-Archiv“ zur Heirat von Martin Kohn und Auguste Emilie Schwarzl (* 26.05.1861 in Jüterbog, Brandenburg) am 24. März 1901 in Leutershausen weist als „Stand und Wohnort“ „Tischler Instrumentenmacher Ansbach“ aus. Mehrere Adressbücher aus der Zeit zwischen 1929 und 1931 führen den „Instrumentenmacher“ unter der Adresse Oberer Markt 33 (heute: Martin-Luther-Platz) in Ansbach. Die Ehe blieb offenbar kinderlos, was aus dem Geschäft wurde, ist derzeit noch nicht geklärt.
Georg Blättler wurde am 26. Januar 1912 in Bad Grönenbach als Sohn des Kaminkehrers Blättler geboren und kam über verschiedene Stationen nach Leutershausen. Er hatte, daran erinnert sich sich seine Tochter Rosi bis heute, die Zither im Zweiten Weltkrieg sogar nach Russland mitgenommen. Nach einer Verwundung war er 1944 auf Heimaturlaub gekommen und nach kurzer Zeit an die Front in die Normandie abkommandiert worden, wo er gefallen ist. Die Zither hatte er diesmal zu Hause bei der Familie gelassen. Rosi Greul kann sich aus ihrer Kindheit auch daran erinnern, dass ihr Vater den Freundorfer-Hit „Der Weg zum Herzen“ im Studio für Radio Nürnberg auf dieser Zither eingespielt hat.
Georg Blättler um 1930 (Foto privat)
Ebenfalls aus der Familie stammt die zweite Zither, die Rosi Greul der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik überlassen hat. Das Instrument gehörte ihrer Schwiegermutter, doch hörte sie diese nie damit musizieren. Es handelt sich um eine Zither in Salzburger Bauform mit einem ovalen Schalloch. Sie stammt aus der Werkstadt von Heinrich Moritz Hamm aus Markneukirchen. Der gelernte Geigenmacher (* 29.09.1850) hatte sich hauptsächlich auf den Bau von Zithern verlegt.
Zither-Bauteile: http://members.a1.net/mag.boeck/zither/zitherteile.htm
Brenner-Archiv: https://www.gf-franken.de/de/archbrenner.html
BR Nürnberg: https://www.br.de/franken/service/wir-ueber-uns/studio-franken-anfaenge100.html
Kommentare (3)
Dr. Griebel:
10 Jan 2020 um 09:01
Sehr informativer, gut recherchierter Blogbeitrag! So viel möchte man gern über ein sog. "Volksmusikinstrument" wissen!
Eva:
24 Apr 2022 um 07:04
Weiß jemand mehr über Martin Kohn in Ansbach bzw. Leutershausen? Mein Großvater war der Neffe von Martin Kohn. Er hat wohl einige Musikinstrumente geerbt. Ein 3/4 Geige befindet sich heute noch in meinem Besitz.
Hat Martin Kohn auch Geigen gebaut? Oder kam das Instrument evtl. anders in seinen Besitz? Meine Mutter erinnert sich nur an den Namen und Wohnort.
Forschungsstelle:
26 Apr 2022 um 06:04
Liebe Eva, vielen Dank für Ihren Hinweis! Wie wir schon im Artikel oben dargelegt haben, haben wir derzeit leider keine besseren Informationen über Martin Kohn, gleichwohl steht ein Forschungsbesuch im Ansbacher Stadtarchiv nach wie vor aus. Ihr Bericht über die 3/4 Geige könnte zur Verfestigung unserer Vermutung beitragen, dass Martin Kohn die Instrumente aus vorgefertigten Teilen "endmontierte", denn Geigen und Zithern benötigen doch auch unterschiedliches Werkzeug und differenzierte handwerkliche Fertigkeiten. Über eine Kontaktaufnahme per Mail an uns würden wir uns sehr freuen.
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