"Klezmer" in Franken?
Mit der seit Jahren anhaltenden Klezmerbegeisterung in Deutschland taucht gelegentlich die Frage auf, ob es analog zu osteuropäischen Traditionen auch hierzulande „jüdische Musik“ gegeben habe. In Deutschland haben sich Kultur und Alltag der jüdischen Bevölkerung mit der Emanzipation im 19. Jahrhundert in den nicht religiös geprägten Lebensbereichen der christlichen Umgebung angeglichen. In den Städten wie auf dem Land wird bei profanen Musikveranstaltungen von Juden und Christen das gleiche Tanzmusik-Repertoire erklungen sein. Ein Beleg aus Wilhermsdorf zeigt, dass die Judenschaft in dem westlich von Fürth gelegenen Ort in den 1840er/1850 eigene Tanzveranstaltungen abgehalten und dazu die Dienste christlicher Musiker in Anspruch genommen hat.
Ein bis zwei Tänze im Jahr haben die Wilhermsdorfer Juden abgehalten. Auch für ihre Hochzeiten nahmen sie die musikalischen Dienste der örtlichen Kapelle in Anspruch.Das geht aus einem Notizbuch hervor, das uns Ludwig Götz, Urenkel des damaligen Kapellenleiters, Johann Götz (1821-1889) aus Wilhermsdorf überlassen hat.
Der Schreiner und Musiker Johann Götz hat neben anderen Einträgen auch jahrgangsweise Zusammenstellungen zum "Musick Erwerb" der Jahre 1842, 1843, 1845, 1850 und 1851 angelegt. Notiert sind Art der Veranstaltungen - überwiegend Kirchweih- und Tanzveranstaltungen -, bespielte Orte und Einnahmen daraus.
1843 ist eine „Judenhochzeit“, 1845 und 1850 ein „Judentanz Dahier“ aufgeführt.
Für die Jahre 1842, 1843 und 1845 finden drei Tanzanlässe unter der kuriosen Bezeichnung "Juden Kirchweih" Erwähnung. Da die Einträge außer der Jahresangabe keine nähere Datierung tragen, kann man nur vermuten, dass es sich um das jüdische Laubhüttenfest oder Simchat Thora handelt (beide in der 2. Hälfte des jüd. Monats Tischri, Ende September bis Mitte Oktober).
(Einen Beitrag zum Thema "Tanzmusik und Antisemitismus" und Literatur, auch zur Situation der Juden in Wilhermsdorf im 19. Jahrhundert, finden Sie hier.)
Armin Griebel
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